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Berichte der Volunteers aus Argentinien

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Die Flagge der Republik Argentinien


1. Cordóba - Bericht von Philipp Alder (November 2011)

Meine Motivation für ein soziales Engagement im Ausland

Zuerst einmal muss ich sagen, dass es nicht "die eine" Motivation für mich gab. Für mich war sehr früh klar, dass ich keinen Wehrdienst leisten wollte und auch ein Zivildienst in Deutschland kam für mich nicht in Frage. (Zu dem Zeitpunkt zu dem ich mir Gedanken machen musste, was ich nach der Schule machen wollte, war die Aussetzung des Wehrdienstes noch kein Thema.)
Der Anreiz für ein Auslandsjahr war mit Sicherheit auch einfach die Chance, ein Jahr in einer fremden Kultur leben zu können. Ich glaube, letztendlich gaben die unglaublich positiven und begeisterten Berichte einiger Bekannter, die mit derselben Organisation diesen Schritt gewagt hatten, den Ausschlag für meine Entscheidung.
Schon hier kann ich jedem, der mit dem Gedanken spielt ein Jahr (für ein soziales Engagement) ins Ausland zu gehen, nur dazu raten - auch wenn es sicher nicht immer einfach ist. Die Erfahrungen und Eindrücke, die ich hier in Argentinien bereits in den ersten drei Monaten gewinnen durfte, werden mich für mein ganzes weiteres Leben prägen.


Wieso eigentlich Argentinien, wo ich doch kein Spanisch im Gymnasium hatte?

Auch wegen der mir bekannten Erfahrungen anderer Freiwilliger hatte ich mich ursprünglich, ebenfalls über die Redemptoristen der Provinz St. Clemens, für eine FSJ-Stelle in Thailand beworben. Nachdem ich für die dortige Stelle wohl wegen der hohen Bewerberzahl leider eine Absage erhalten hatte, wurde ich gefragt, ob ich mir auch einen Aufenthalt in Argentinien vorstellen könne. Ich ließ mich, auch wenn ich mich im Vorfeld mit Argentinien nicht so richtig beschäftigt hatte, auf das „Abenteuer Argentinien“ ein, da ich großes Interesse an einer sozialen Arbeit im Ausland hatte.
Nach einigen Gedanken zu meiner Entscheidung war ich dann anfangs eher skeptisch, da ich für die FSJ-Stelle in Argentinien noch Spanisch lernen musste und nach meinen Informationen bei der Tätigkeit in Thailand doch im Wesentlichen Englisch gesprochen wird.
Allerdings kann ich nun schon an dieser Stelle jeden beruhigen, der sich ähnliche Gedanken macht: Auch wenn man die Landessprache zu Beginn der Tätigkeit noch nicht perfekt beherrscht, kann man sich auch wegen der ausgesprochenen Gastfreundschaft der Menschen hier immer irgendwie verständigen und macht zudem unglaublich schnelle Fortschritte.


Das sehr hilfreiche und interessante Vorbereitungsseminar

Ende August startete mein FSJ mit einem 12-tägigen Vorbereitungsseminar im Kloster der Redemptoristen in Bonn. Dort lernte ich die anderen acht Freiwilligen, die ein FSJ über die Redemptoristen der Provinz St. Clemens antreten sollten, kennen.
Wir tauschten uns über unsere Vorbereitungsaktivitäten, aber auch unsere Erwartungen und mögliche Ängste aus. Außerdem wurden wir auf mögliche Probleme (Krankheitsfall im Ausland etc.) vorbereitet, für andere Kulturen sensibilisiert und erforschten eigene Stärken und Schwächen. Wenn wir nach einem Jahr unter anderem einen während des Seminars an uns selbst geschriebenen Brief lesen werden, wird der Vergleich sicher besonders interessant ausfallen.
Zum Abschluss wurden wir mit einem Aussendungsgottesdienst in unsere Einsatzländer Argentinien, Irland/Nordirland, Thailand und Indonesien gesandt.


Dann ging es endlich los…

Nach dem Vorbereitungsseminar starteten Theresa Commandeur und ich am Abend des 6. September vom Flughafen Düsseldorf unsere knapp 25-stündige Reise über Zwischenstopps in Madrid und Santiago de Chile nach Córdoba in Argentinien - unser „Abenteuer“ begann. Von nun an würden wir für fast ein Jahr in einem uns fremden Land leben und arbeiten.
Die Begrüßung sowohl durch Pater Edmundo, unserer Kontaktperson zu den Redemptoristen hier vor Ort, wie auch durch unsere Gastfamilien war sehr herzlich. Sehr schnell hatte ich mich in die neue Umgebung und die neue Sprache eingewöhnt, auch wenn ich feststellen musste, wie anstrengend es ist, ständig in einer anderen Sprache zu kommunizieren.
Das neue Leben in der Gastfamilie
Durch die Berichte anderer Freiwilliger konnte ich zudem erfahren, wie viel Glück Theresa und ich mit unseren Gastfamilien haben. Sowohl unsere Gastfamilien wie auch die unserer Vorgänger wurden sehr gezielt von den Redemptoristen hier vor Ort ausgesucht. Dabei wurden wohl bevorzugt Familien ausgesucht, die bereits in gutem Kontakt mit der Ordenskongregation standen.
Durch meine gleichaltrige Gastschwester kam ich sehr schnell in Kontakt mit Jugendlichen in meinem Alter. Auch meine Gasteltern haben sich von Beginn an unglaublich nett um mich gekümmert und mich mit allen Pflichten und Freiheiten in die Familie aufgenommen.
Durch unsere Arbeit in einem Projekt eines katholischen Ordens steht unser Jahr natürlich auch im Zeichen des christlichen Glaubens. So haben wir die Möglichkeit mit den Patres auf Mission zu fahren und einmal die Woche im Konvent zu essen, wo immer wieder interessante Gespräche mit den Patres aufkommen.


Die Einsatzstelle Hogar Bethel

Unsere Einsatzstelle Hogar Bethel lernten wir zwei Tage nach unserer Ankunft in einem Rundgang mit Pater Edmundo und einem anderen ehemaligen Freiwilligen, der seine ehemalige Gastfamilie und Arbeitsstelle besuchte, kennen.
Hoger Bethel besteht aus mehreren „Häusern“, in denen jede Hilfe überaus willkommen ist. Die größte Einrichtung ist das Kinderheim für Kinder bis zu einem Alter von ca. 15 Jahren. In diesem Heim arbeiten wir momentan auch. Es besteht aus zwei Häusern (Casa 1 y Casa 2), in denen Jungen und Mädchen getrennt leben. Daran angeschlossen ist ein Kindergarten für die Kleinsten und eine Hausaufgabenbetreuung (Casa 7).
Außerdem gibt es ein Altenheim, in dem momentan allerdings nur vier Menschen wohnen, ein Haus jeweils für die jugendlichen Mädchen und Jungen (Casa 14 y Casa 8) und zwei Behindertenheime. In einem Behindertenheim wohnen die geistig Schwerbehinderten (Casa 6) und im anderen die sowohl geistig als auch körperlich Schwerbehinderten (Casa 5).


Meine Arbeit im Hogar Bethel

Ich arbeite wie erwähnt in den beiden Kinderheimen. Für die männlichen Freiwilligen und Mitarbeiter fallen hauptsächlich körperliche oder handwerkliche Arbeiten an. So helfe ich seit meiner Ankunft dabei, den Boden des Innenhofes zu erneuern. Außerdem gibt es immer wieder einmalige oder spezielle Tätigkeiten, wie Essen für alle Häuser in einem großen Einkaufszentrum (vergleichbar mit beispielsweise der Metro) abholen, Holz schlagen für die Öfen oder Rasen mähen. Zusammen mit anderen Freiwilligen habe ich so bereits eine Schaukel renoviert.
Anfangs hatte ich so meine Schwierigkeiten mit der Organisation der Arbeit im Hogar Bethel, da einem nur selten gesagt wird, wo welche Arbeit ansteht. Hier muss man selber ein Gespür dafür entwickeln, wo man gebraucht wird. Außerdem wird auch das Thema Arbeitszeiten hier sehr locker und sehr viel anders als in Deutschland gesehen, weshalb ich mich manchmal selbst disziplinieren muss. Mittlerweile habe ich mich darauf eingestellt und seitdem wir den Steinbelag setzen gibt es für mich morgens und nach der Siesta immer genug zu tun.

Der Kontakt mit anderen Volunteers

Der „größte Fluch“ von Hogar Bethel ist sicher zu Beginn des FSJ der größte Segen. Unglaublich viele andere Freiwillige vor allem aus Deutschland, Neuseeland, Australien und den USA arbeiten zum Teil gleichzeitig im Hogar Bethel. Die meisten von Ihnen wohnen sogar dort. So wird man schnell dazu verleitet, sich mit den anderen Freiwilligen auf Deutsch oder Englisch zu unterhalten und spricht so seltener die eigentliche Landessprache Spanisch.
Allerdings hilft einem die große Anzahl an Freiwilligen am Anfang enorm, da man so schnell Gleichaltrige kennen lernt und noch den ein oder anderen Tipp bekommt, sowie einen unglaublich großen kulturellen Austausch erfährt. Nun reisen gegen Ende November alle englischsprachigen Freiwilligen ab, sodass ich mich nun voll aufs Spanisch konzentrieren kann, auch wenn ich viele von ihnen als Freunde vermissen werde.




2. Buenos Aires - Bericht von Benedikt Lütke-Schwienhorst (Juli 2012)

In weniger als vier Wochen werde ich wieder in Deutschland sein und damit das FSJ in Argentinien schließlich vorüber. Das bedeutet, dass die Zeit des Abschied Nehmens beginnt. Viele Leute mit denen ich in den nächsten Wochen noch zu tun habe hier in Argentinien werde ich dann für lange Zeit nicht mehr sehen. Vielleicht auch nie wieder. Das ist natürlich traurig und es fällt mir schwer Abschied zu nehmen, weil es mir hier wirklich gut gefällt. Ich habe die Zeit hier sehr genossen und hätte gerne noch mehr davon. Es wird mir schwer fallen mich von meinen Mitarbeitern zu verabschieden, wie auch von den Kindern in dem Kindergarten.
Genauso freue ich mich aber auch auf die Rückkehr nach Deutschland. Das Projekt hat mir gut gefallen und ich hatte viel Spaß bei der Arbeit. Aber es war eben auch ein absolutes Kontrastprogramm, vor allem zu den letzten Monaten in Deutschland, die aus Abi Lernerei, Reisen, Feiern und Nichtstun bestanden. Ich will damit nicht sagen, dass es mich gestört hat einer geregelten Arbeit nach zu gehen. Ganz im Gegenteil. Aber es war eben eine sehr praktische, körperliche Arbeit, die keinerlei geistliche Anstrengungen verlangte. Da habe ich es manchmal doch etwas vermisst meinen Kopf zu gebrauchen.
Das ganze Jahr über habe ich mir einen Freundeskreis aufgebaut, der aber keinesfalls mit meinem Freundeskreis aus Deutschland zu vergleichen ist. Es bleiben oft doch nur Bekanntschaften und da passierte es öfters, dass ich am Wochenende nichts zu tun hatte. Leider hat mein Magen mir das gesamte Jahr über, in immer wieder kehrenden Abständen, das Leben schwer gemacht. Die Ernährung ist eben eine 180 Grad Drehung zu meinen Essgewohnheiten aus Deutschland. Deshalb habe ich leider auch einige Wochenenden zu Hause im Bett verbracht.
Es gibt viele Dinge, die mir den Abschied wirklich schwer machen. Dazu gehört die Freude, die ich bei meiner Arbeit und mit meinen Arbeitskollegen gehabt habe; die netten Menschen die ich hier kennen gelernt habe; das Rugby Team, in dem ich fünf Monate gespielt habe; meine Gastfamilie und die lockere argentinische Lebensart, die ich jede Sekunde genossen habe. Auf all das werde ich für nicht absehbare Zeit leider verzichten müssen. Und das gefällt mir nicht.
Aber es wartet auch eine neue Etappe auf mich in Deutschland. Zuerst natürlich das Wiedersehen meiner Familie, vor allem meines Zwillingsbruders, den ich seit zehn Monaten nicht gesehen habe. Darauf freue ich mich sehr. Zudem ist meine Mutter direkt nach meinem Abflug aus Deutschland umgezogen. Die neue Wohnung werde ich im August zum ersten Mal sehen.
In mehreren Städten habe ich mich für ein Architektur Studium beworben. Ein großer Sprung wird das. Es gibt also vieles neues zu erleben und ich freue mich sehr darauf diesen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Insgesamt bin ich also wehmütig wegen meiner kommenden Abreise aus Buenos Aires, freue mich aber auch sehr auf meine Ankunft in Deutschland. Es ist eine schöne Mischung.
Das Jahr betrachte ich insgesamt als sehr gelungen. Ich habe viele Erfahrungen sammeln können, habe in einer tollen Umgebung gearbeitet, bei einer netten Gastfamilie gelebt, und, und, und. Leider haben die immer wieder kehrenden Magenprobleme, die vermutlich mit der so krassen Ernährung zu tun haben, mir einiges kaputt gemacht und mir zeitweise die Lust genommen. Im Augenblick war ich immer nur froh sobald es mir besser ging und habe mich danach kaum noch darüber geärgert. Wenn ich jetzt allerdings darüber nachdenke, wie oft ich Stress mit meinem Magen hatte, und wie oft ich wegen Magenschmerzen etwas nicht getan habe, sprich zu Hause geblieben bin, dann ärgert es mich schon gehörig. Aber ich denke, so etwas passiert und andere Freiwillige hatten mit viel größeren Problemen zu kämpfen. Deshalb betrachte ich das Jahr als einen vollen Erfolg.


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